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© BDZV/Zumbansen

Zeitungslayout mit KI

Bei der Nordwest-Zeitung übernimmt Künstliche Intelligenz das Layout der Printausgaben. Chefredakteur Ulrich Schönborn berichtet, was die KI-Assistenz für die Redaktion bedeutet.

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Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert viele Branchen. Auch in den Redaktionen hat sie längst Einzug gehalten. So können Tools das Layouten von Zeitungsseiten erheblich vereinfachen. Bei der BDZV-Konferenz Chefredaktionen hat Ulrich Schönborn mit einem Blick hinter die Kulissen gezeigt, wie das bei der Nordwest-Zeitung (NWZ) aus Oldenburg funktioniert. Der Chefredakteur der Zeitung demonstriert mit dem Projekt „Seitenautomatisation mit Sophi“, wie moderne Technologien die redaktionelle Effizienz steigern und Ressourcen besser nutzen.

Der Startschuss: Automatisierung als Chance

Im Juni 2022 stellte Eidosmedia die Plattform Sophi.io vor, eine innovative KI, die das Layouten im Redaktionssystem automatisiert. Die NWZ sah darin eine Möglichkeit, Produktionskosten zu senken und die Print-Produktion wirtschaftlich zu halten. Das Projekt war gleichzeitig eine Reaktion auf den Fachkräftemangel, der vor dem Journalismus nicht Halt macht. Die Idee: Journalistinnen und Journalisten von wiederkehrenden Aufgaben wie dem Umbrechen von Text- und Bildmaterial entlasten, damit sie sich stärker der Content-Produktion widmen können.

„Das Ziel war echtes ‚Content First‘, indem wir die Reporter von der ‚Seiten-Denke‘ lösen und die Producer vom technischen Produktionsaufwand entlasten“, erklärt Schönborn​.

„Eine komplette Zeitungsausgabe kann innerhalb weniger Minuten produziert werden.“

Ulrich Schönborn, Chefredakteur der Nordwest-Zeitung.

Der Prozess: So funktioniert der neue Workflow

Das Prinzip hinter der automatisierten Seitenproduktion ist so simpel wie genial: Autoren verknüpfen Artikel in Themenpaketen mit Infoboxen, Zweitstücken und Kommentaren. Das Kanalmanagement sichtet den Content, priorisiert Artikel und bestimmt Aufmacher. „Dann wird der Prozess zur automatischen Seitenproduktion gestartet, und das System baut zuverlässig Seitenstrecken, wobei Inhalte und Prioritäten dynamisch den Raumbedarf bestimmen“, erläutert Schönborn. „Texte bleiben erhalten. Das System greift nicht inhaltlich ein, sondern lernt aus den Änderungen, die die Redakteure vornehmen“​. Die Finalisierung der Seiten bleibt beim Kanalmanagement. Das Layout ist damit kein rein technischer Vorgang. Die Platzierung der Artikel folgt weiterhin journalistischen Kriterien – und die muss die KI erst noch lernen.

Der automatisierte Workflow führt zu deutlichen Effizienzgewinnen. „Eine komplette Ausgabe kann innerhalb weniger Minuten produziert werden“, berichtet Schönborn. Ein weiterer Vorteil ist die Parallelproduktion mehrerer Ausgaben. Das entlastet Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und schafft Kapazitäten für neue Projekte und zur Stärkung anderer redaktioneller Bereiche.

Herausforderungen und Erkenntnisse: Kein „Plug-and-Play“

Trotz der Fortschritte betont Schönborn, dass die Einführung eines solchen Systems kein „Plug-and-Play“ ist. Es bedarf aufwendiger Vorbereitung. „Strukturelle Voraussetzungen müssen stimmen, insbesondere die konsequente Trennung von Content- und Kanalproduktion sowie verbindliche Regeln für die Contenterstellung“, erklärt er. Auch sei ein effizientes Projektteam unerlässlich, da das System kontinuierlich iteriert und verbessert werden muss​.

Ein entscheidender Punkt ist die Anpassung des Layouts und der Blattstruktur an die generative KI-Systematik. „Wir mussten uns von der traditionellen Kleinteiligkeit lösen und Seitenstrecken konsequent überdenken, um das System optimal zu nutzen“, so Schönborn. Und er hebt einen weiteren Erfolgsfaktor für das Projekt hervor: Es braucht die Expertise der Kolleginnen und Kollegen und eine klare Kommunikation über die Veränderungen bei den Redaktionsabläufen.

Ein Blick in die Zukunft: Potenziale und Ausblick

Im Dezember 2023 ist die Live-Produktion bei der NWZ angelaufen. Inzwischen werden alle neun Lokalausgaben und die Regionalseiten mit Sophi.io produziert. „Wir sehen das System noch nicht als vollständig ausgereift an, aber die Fortschritte sind enorm“, meint Schönborn. Die Redakteure können weiterhin in den automatisierten Layout-Prozess eingreifen, was eine flexible Anpassung an redaktionelle Bedürfnisse ermöglicht. „Am Ende geht es darum, eine wirtschaftliche Print-Produktion zu sichern und gleichzeitig die redaktionelle Qualität zu bewahren“​.

Fazit: Automatisiertes Layout als Zukunftsmodell

Ulrich Schönborns Projekt zeigt konkret, wie KI im Zeitungslayout eingesetzt werden kann. Auch wenn die Technik noch in den Kinderschuhen steckt – die NWZ beweist, dass Zeitungsseiten damit effizienter produziert und Redaktionen von repetitiven Aufgaben entlastet werden können.

Ein Weg, den auch andere Chefredaktionen sehen. Laut BDZV-Trendumfrage 2024 halten 81 Prozent der Chefredakteure die Automatisierung der Print-Seiten-Produktion für einen relevanten Anwendungsfall von KI. Ein Großteil der Verlage erwartet dadurch eine Effizienzgewinn von 60 bis 80 Prozent gegenüber dem rein manuellen Prozess. Die Zukunft der Zeitungsproduktion wird durch innovative Technologien geprägt, und Redaktionen, die diesen Schritt wagen, können langfristig davon profitieren.

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Die wichtigsten Punkte zusammengefasst

Die Nordwest-Zeitung (NWZ) aus Oldenburg setzt auf künstliche Intelligenz (KI), um die Effizienz bei der Zeitungsproduktion zu steigern. Bei einem Projekt unter der Leitung von Chefredakteur Ulrich Schönborn wird die KI-Plattform Sophi.io verwendet, um das Layout von Zeitungsseiten zu automatisieren. Dies entlastet die Redaktion von wiederkehrenden Aufgaben, senkt Produktionskosten und reagiert auf den Fachkräftemangel.

Das System ermöglicht es, komplette Ausgaben in wenigen Minuten zu produzieren, wobei der journalistische Einfluss auf die Platzierung der Artikel weiterhin besteht. Die Implementierung erforderte jedoch eine aufwändige Vorbereitung und Anpassungen im Layout. Seit Dezember 2023 produziert die NWZ ihre Ausgaben vollständig automatisiert mit Sophi.io, wobei die Redakteure weiterhin flexibel eingreifen können. Trotz anfänglicher Herausforderungen sieht Schönborn in der Automatisierung ein Modell für die Zukunft der Print-Produktion, das von vielen Verlagen als großer Effizienzgewinn betrachtet wird.

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